Liebe Leserinnen und Leser,
die letzte Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause liegt hinter mir. Kaum zu fassen, wie die Zeit vergeht, insbesondere wenn man ständig von einem Termin direkt zum nächsten muss. Die letzten sechs Monate waren sehr arbeitsintensiv, aber ich habe in dieser Zeit so viele interessante und bereichernde Gespräche geführt – egal ob mit Wissenschaftlern oder Vertretern aus Politik und Wirtschaft. Und auch wenn meine Arbeitstage oft lang sind und erst am späten Abend enden, bin ich nach wie vor dankbar für die Möglichkeit, meine Expertise aktiv im Bundestag einbringen zu können.
Bevor ich am Montag nach Berlin fuhr, habe ich gemeinsam mit den Kollegen und Kolleginnen der AG Wirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion das Kaliwerk in meinem Wahlkreis Zielitz besucht. Schon am Sonntagabend haben wir uns mit dem Betriebsratsvorsitzenden, Michael Knackhuß, getroffen. Wir sprachen mit ihm über das Kaliwerk, das seit 1969 in Betrieb ist und mit rund 1800 Arbeitnehmern zu den größten und wichtigsten Arbeitgebern der Region gehört. Herr Knackhuß erzählte uns, dass das Werk durch die Ausweitung der Rückstandshalde um 200 Hektar vorerst bis zum Jahr 2054 weiterproduzieren kann. Jährlich werden in Zielitz rund zwölf Millionen Tonnen kaliumhaltige Rohsalze gefördert, die zur Produktion von Düngemitteln, für industrielle Anwendungen und zur Produktion in der Futter- und Lebensmittelindustrie verwendet werden. Als Agrarpolitikerin ist mir natürlich angesichts der aktuellen Nahrungsmittelkrise wichtig, dass ausreichend Dünger zur Verfügung steht. Deshalb bin ich sehr froh, dass eins der größten und modernsten Kaliwerke in meinem Wahlkreis zur Düngemittelproduktion beiträgt! Ich danke für die spannende Führung und die Grubenfahrt!
In der AG Landwirtschaft am Dienstagmorgen sprachen wir unter anderem über die Änderung des Hopfengesetzes, die wir am Donnerstagabend im Plenum beschlossen haben. Zusammenschlüsse von Hopfenanbauern – so genannte Erzeugerorganisationen für Hopfen können EU-Fördergelder erhalten, sofern ihre Entwicklungsziele und geplanten Maßnahmen (im Rahmen so genannter „operationeller Programme“) vom Mitgliedstaat genehmigt werden und sie über einen Betriebsfonds verfügen, an den die Beihilfe ausgezahlt wird. Damit deutsche Erzeugerorganisationen für Hopfen auch künftig von EU-Beihilfen in Höhe von 2,2 Millionen Euro profitieren können, mussten wir eine gesetzliche Rechtsgrundlage geschaffen. Darum haben wir das Hopfengesetz durch eine Verordnungsermächtigung ergänzt, die es dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ermöglicht, im Einvernehmen mit den Bundesministerien der Finanzen sowie für Wirtschaft und Klimaschutz, Details zu den operationellen Programmen, den Betriebsfonds sowie zur Genehmigung, Auszahlung und Kontrolle der Beihilfe zu regeln.
Im Anschluss ging es zur AG Umwelt, wo die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz, Dr. Inge Paulini, zu Gast war und die Kernaufgaben des Bundesamtes vorstellte. Sie erzählte uns, dass das BfS nicht nur für radioaktive Strahlung zuständig ist, sondern zum Beispiel auch für die Erforschung und Bewertung von möglichen Gesundheitsrisiken durch elektromagnetische Felder aufgrund von Stromnetzen oder Mobilfunk. Ebenso befasst sich das Amt mit der erhöhten UV-Strahlung aufgrund des Klimawandels und setzt sich für den Schutz vor Sonnenstrahlung als Teil der Klimaanpassung ein. Frau Dr. Paulini wies darauf hin, dass sich das BfS angesichts der Verschränkung mehrerer Krisen solide aufstellen müsse. Um leistungsfähig zu bleiben, seien die Errichtung eines ForschungsHubs Strahlenschutz und ausreichend Mittel für Grundlagenforschung und eine stabile Infrastruktur notwendig. Auch dem Verlust an Kompetenzen und Forschungsinfrastruktur an Universitäten und der Schließung wissenschaftlicher Institute müsse entgegengetreten werden.
Einige werden sicherlich bereits durch die Presse erfahren haben, dass die Ampelfraktionen ein Eckpunktepapier für eine Wahlrechtsreform beschlossen haben. In der Fraktionssitzung am Dienstagnachmittag sprachen wir über darüber. Wir alle wissen, dass eine solche Reform zwingend notwendig ist, um ein weiteres Anwachsen des Bundestages und damit steigende Kosten zu verhindern. Doch eine Einigung auf eine Reform zur Verkleinerung des Bundestages ist nicht leicht, denn am Ende bedeutet sie natürlich auch den Verlust von Mandaten. Aus diesem Grund scheiterten Verhandlungen Jahre lang. Darum freue ich mich einerseits natürlich, dass unsere Ampelkoalition sich diesem zwingend notwendigen Vorhaben mit Nachdruck widmet. Andrerseits gibt es über Parteigrenzen hinweg auch Unmut. Denn das vorliegende Eckpunktepapier sieht vor, die Entstehung von Überhang- und damit auch Ausgleichsmandaten auszuschließen. Demnach würde die Sitzverteilung des Bundestages insgesamt dem Verhältnis der Zweitstimmen entsprechen. Das kann jedoch dazu führen, dass nicht jeder direkt gewählte Abgeordnete in den Bundestag einziehen kann. Denn die Partei bekommt nur so viele Abgeordnete, wie ihr aufgrund der Zweitstimme zustehen. In den kommenden Wochen wird sich nun die Wahlrechtskommission des Bundestags mit den Vorschlägen befassen und bis Ende August einen Zwischenbericht mit Empfehlungen vorlegen.
Am Mittwoch bin ich mit meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus dem Wahlkreis und Berlin zum SPD-Fraktionsfest gegangen. Traditionell ist dieser Abend ein Dankeschön an die Mitarbeitenden. In seiner Dankesrede hat unser Bundeskanzler Olaf Scholz darüber gesprochen, was wir gemeinsam seit Beginn der Regierung erreicht haben. Trotz dieser schwierigen Zeit haben wir den Mindestlohn von 12 Euro, die finanzielle Anerkennung von Pflegekräften, eine umfassende BAföG-Reform, einen Sofortzuschlag auf dem Weg zur Kindergrundsicherung und die größte Rentenerhöhung der letzten Jahrzehnte und vieles mehr auf den Weg gebracht. Und doch ist es eine besondere Zeit – die Pandemie, der Klimawandel, die Transformation unserer Gesellschaft und Wirtschaft sowie nicht zuletzt der brutale Angriffskrieg auf europäischem Boden beschäftigen uns alle.
Nach schwierigen Verhandlungen zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes haben die Ampelfraktionen ein Ergebnis erzielt. Am Donnerstag fand die 2./3. Lesung zum Gesetzentwurf statt. Als zuständige Berichterstatterin für die SPD-Bundestagsfraktion habe auch ich im Plenum geredet. Ich habe in meiner Rede deutlich gemacht, dass wir müssen Klima- und Artenschutz gemeinsam denken müssen! Bei der Abstimmung über das Energiepaket habe ich deswegen die Bedeutung der nationalen Artenhilfsprogramme betont. Es ist ein wichtiges Mittel für den Naturschutz und muss daher ausreichend finanziert und ihre Wirksamkeit evaluiert werden. Wo Ausnahmen für den Ausbau der Windenergie gemacht werden, investieren wir an anderer Stelle in den Schutz unserer Biodiversität. Mehr dazu, wie das funktionieren kann, hier in meiner Rede.
Am Nachmittag hatte ich Besuch von Biosolutions-Experten aus Dänemark. Sie erklärten mir, dass man mithilfe von guten Bakterien, Enzymen oder Fermentation unter anderem Lebensmittel sicherer und länger haltbar gemacht, ökologische Alternativen für Pestizide entwickelt oder aber auch harte Reinigungschemikalien ersetzt werden können. So können 6-8% unseres CO2-Fußabdrucks, gerade im Landwirtschafts- und Ernährungssektor, eingespart werden. Dänemark ist uns im Bereich Biosolutions weit voraus. Dort ist das Thema Chefsache.
Nachdem ich den Freitag größtenteils im Plenum verbracht habe, ging es für mich zurück in die Heimat. Bis Anfang September ist der Bundestag nun in der parlamentarischen Sommerpause. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Abgeordneten nun bis September Urlaub machen, vielmehr ist die Sommerpause dazu gedacht, die Zeit verstärkt im Wahlkreis zu verbringen und das werde ich natürlich auch tun.
Ich wünsche allen ein sonniges und erholsames Wochenende
Dr. Franziska Kersten, MdB