Liebe Leserinnen und Leser,
bevor ich in dieser Woche am Montag nach Berlin fuhr, war ich vergangenen Samstag zu Gast bei Sachsen-Anhalts 27. Landeserntedankfest im Elbauenpark in Magdeburg. Trotz des durchwachsenen Wetters haben rund 200 Händler, Erzeuger, Landwirte und Landmaschinenhersteller hier ihre Produkte präsentiert.
Mein persönliches Highlight: Güsen hat neben Wolfsberg den Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ gewonnen. Bei dem Wettbewerb geht es darum, das bürgerschaftliche Engagement zu fördern und den ländlichen Raum mit eigenen Ideen zu stärken. Herzlichen Glückwunsch an die engagierten Güsener!
Meine Woche begann am Montag beim Berliner Landwirtschaftsbetrieb Zorn, wo ich im Rahmen des Feldtages Wolf und Weidetierhaltung mit Weidetierhaltern über die Möglichkeiten und Grenzen des Herdenschutzes ins Gespräch kam. Als Berichterstatterin zum Thema Wolf und Weidehaltung in der SPD-Fraktion im Bundestag habe ich mich dem intensiven Austausch (auch bei strömendem Regen!) gestellt. Klar ist: Der Wolf ist Teil unserer europäischen Fauna. Landwirte brauchen aber unsere Unterstützung und funktionierende Schutzmaßnahmen gegen Wolfsrisse!
Zurück im Bundestag sprach ich in der AG Kriminalpolitik über den aktuellen Sachstand zum Fischsterben in der Oder. Bis zum 30. September wird eine deutsch-polnische Expertengruppe ihren Abschlussbericht über die Ursachen vorlegen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein hoher Salzgehalt im Fluss ein wesentlicher Grund ist, verbunden mit Niedrigwasser, hohen Temperaturen und einer giftigen Algenart. Genaueres werden wir hoffentlich nach dem Abschlussbericht wissen. Aktuell geht es der Oder zum Glück wieder besser. Größere Wassermengen aus Tschechien haben den Pegelstand um ca. 0,5 m etwa auf den Mittelwasserstand angehoben.
Seit 1993 veröffentlicht das sogenannte AgrarBündnis, bestehend aus 26 unabhängigen Organisationen aus der Landwirtschaft-, Umwelt-, Natur- und Tierschutz sowie Verbraucherund Entwicklungspolitik, jährlich den „Kritischen Agrarbericht“. Er befasst sich mit aktuellen Themen rund um die Landwirtschaft und greift wichtige Debatten der nationalen, europäischen und internationalen Agrarpolitik auf. In diesem Jahr feiert das AgrarBündnis sein 30-jähriges Jubiläum. Unter dem Motto „30 Jahre Dialog Landwirtschaft und Gesellschaft“ diskutierten Vertreter aus Politik und von Verbänden am Montagnachmittag in der Landesvertretung Baden-Württemberg über die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland.
Am Dienstagvormittag war der Leiter der Unterabteilung Naturschutz im Bundesministerium für Umwelt, Josef Tumbrinck, bei uns zu Gast in der AG Umwelt. Er sprach mit uns über das nationale Artenhilfsprogramm. Er erzählte, dass das Ministerium derzeit eine Förderrichtlinie erarbeitet, die anschließend für die Verbände- und Länderbeteiligung freigegeben werde. Noch dieses Jahr soll die Förderrichtlinie in Kraft treten. Geplant sei eine hundertprozentige Förderung, sodass keine Eigenanteile der Länder mehr aufgebracht werden müssen. Erste Projekte würden bereits dieses Jahr anlaufen.
Die Familienbetriebe der Land- und Forstwirtschaft luden am Mittwoch zu einem CO₂-Gipfel im Haus der Land- und Ernährungswirtschaft ein. Gemeinsam mit Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen, der CDU, der FDP und der Sprecherin des Vorstands der Landwirtschaftlichen Rentenbank, Nikola Steinbock, diskutierte ich über die politischen Weichenstellungen für den Klimawirt.
Im Zentrum der Debatte standen die Fragen, wie Klimaschutzleistung der Land- und Forstwirtschaft gestärkt werden können, wie Kohlenstoffspeicherung zum Geschäftsmodell wird und welcher politischen Rahmenbedingungen es dafür bedarf. Unser erklärtes Ziel ist es, das Kohlenstoffspeicherpotenzial landwirtschaftlich genutzter Böden und des Waldes verstärkt zu aktivieren. Allerdings können Land- und Forstwirte Klimaschutz natürlich nur dann als Geschäftsmodell betreiben, wenn es sich für sie auch wirtschaftlich lohnt. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist die Entwicklung einheitlicher Standards bei Methoden und Bewertungssystemen der Klimabilanzierung und -zertifizierung, die wir vorantreiben wollen. Um die humusmehrende Landwirtschaft in die breite Praxis zu bringen, werden zudem Modell- und Demonstrationsvorhaben gezielt gefördert.
Wer an Landwirtschaft denkt, denkt oft an eine Männerdomäne und das, obwohl 36 % der in der Landwirtschaft Tätigen in Deutschland Frauen sind. Das Landwirtschaftsministerium hat sich am Donnerstag im Rahmen einer Fachkonferenz mit dem Thema Frauen in der Landwirtschaft befasst. Dort wurde die erste gesamtdeutsche Studie zur Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in der Landwirtschaft in Deutschland vorgestellt. Nicht nur, aber gerade dort haben Frauen mit der Mehrfachbelastung von Familie, Pflege, Ehrenamt und Beruf zu kämpfen.
Was kann man tun? Infrastruktur in ländlichen Räumen stärken, Orte der Begegnung und das Betriebshilfenetzwerk unterstützen und Care-Arbeit besser aufteilen! Mit den Landfrauen aus meinem Wahlkreis werde ich mich zu genau diesen Themen austauschen.
Der europäische Verordnungsentwurf zur Erreichung der Ziele der Farm-to-Fork-Strategie liegt nun auf dem Tisch. Hiernach sollen der Einsatz und das Risiko von chemischen Pflanzenschutzmitteln sowie der Einsatz gefährlicher Pflanzenschutzmittel um 50 % reduziert werden. Zudem soll der chemische Pflanzenschutz in sogenannten empfindlichen Gebieten komplett verboten werden. Am späten Donnerstagabend sprach ich im Plenum über die nachhaltige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.
Unser Ziel als Koalition ist eine deutliche Stärkung des integrierten Pflanzenschutzes, der sowohl agronomische kulturtechnische Maßnahmen wie auch biologische Verfahren zusammenführt und die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das absolut notwendige Maß beschränkt.
Bei einer starren Umsetzung des EU-Entwurfs würde Deutschland im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten allerdings deutlich benachteiligt. Denn unser Land weist weitaus mehr Schutzgebiete auf als einige unserer Nachbarstaaten. Hier sollte genauer differenziert werden. Die Verhandlungen über die konkrete Ausgestaltung werden nun auf europäischer Ebene geführt. Dabei muss uns klar sein, dass weniger Pflanzenschutzmittel auch weniger Erträge bedeuten. Darum müssen Reduktionsmaßnahmen schrittweise und mit Augenmaß erfolgen. Hier meine Rede in voller Länge.
Am Freitag sprach ich mit Vertretern der Tier- und Naturschutzorganisation Pro Wildlife über Umfang und Folgen von Exoten- und Wildtierhandel und Trophäenjagden. Wer glaubt, dass diese Themen in Deutschland keine Rolle spielen, der irrt. Der Wildtierhandel ist ein Riesengeschäft, das insbesondere in Deutschland boomt. Innerhalb der EU werden hierzulande die meisten Wildtiere verkauft. Auch in puncto Trophäenjagd liegt Deutschland EU-weit an erster Stelle.
Ich wünsche allen ein erholsames Wochenende
Dr. Franziska Kersten, MdB