Liebe Leserinnen und Leser,
bevor ich zu meiner Woche in Berlin komme, möchte ich noch kurz über einen persönlichen Verhandlungserfolg informieren. Denn im Zuge der Haushaltsberatungen für den Bundeshaushalt 2023 hat die SPD wichtige Erfolge im Umweltschutz erreicht! Förderprogramme wie für die Auenrenaturierung, chance.natur und das Bundesprogramm Biologische Vielfalt können ab kommendem Jahr besser in Anspruch genommen werden. Der Eigenanteil wird auf 10% verringert und bürokratische Hürden abgebaut. Auf Initiative der SPD erweitern wir zudem die Schutzmöglichkeiten für unsere heimischen Zugvögel. Gelder aus dem Artenhilfsprogramm können zukünftig auch für Projekte in anderen Ländern und nicht nur in Deutschland eingesetzt werden. Das ist wichtig, weil Zugvögel in einigen anderen Ländern bspw. stark bejagt werden. Hier beugen wir also dem Artenverlust vor. Für mich ist dies ein ganz persönlicher Erfolg – als Umweltpolitikerin und Berichterstatterin zum Bundesnaturschutzgesetz hatte ich mich schon Anfang des Jahres dafür eingesetzt, dass das Artenhilfsprogramm gut umgesetzt wird.
Nun zu meiner Woche:
Nachdem wir vergangene Woche bereits über die von der Bundesregierung geplante Änderung des Tierarzneimittelgesetzes in erster Lesung im Plenum diskutiert haben, hat der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft am Montag zu einer öffentlichen Anhörung geladen. Die geladenen Sachverständigen waren sich darüber einig, dass die Änderung ein richtiger und notwendiger Schritt sei. Viel diskutiert wurde allerdings darüber, wie die geplante Übertragung der Meldeverantwortung bei Antibiotikaanwendung vom Tierhalter auf den Tierarzt rechtssicher gestaltet werden kann. Der von der SPD-Bundestagsfraktion geladene Sachverständige Dr. Andreas Wilms-Schulze Kump wies darauf hin, dass in puncto Tierschutz und Tierwohl auch die Landwirte Verantwortung tragen. Der Tierarzt und Agraringenieur bekräftigte zudem, dass ein mehr an Tierwohl für Nutztiere auch durch eine Änderung der Tierhaltung erzielt werden kann. Denn durch eine qualitativ bessere Tierhaltung kann der Entstehung und Übertragung von Krankheiten vorgebeugt werden.
In der Fraktionssitzung am Dienstag sprachen wir unter anderem über die seit Wochen anhaltenden Proteste im Iran. Die Menschen gehen auf die Straßen, um für ihre Rechte einzutreten und riskieren dabei ihr Leben. Die Bilder und Berichte, die uns in den letzten Wochen von dem brutalen Vorgehen des iranischen Regimes gegen die eigene Bevölkerung erreichen, sind verstörend. Wir verurteilen das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte und die willkürliche Verhaftung von Menschen, die ihr Recht auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen. Deutschland und seine internationalen Partner dürfen nicht wegschauen. Die EU hat am Montag Sanktionen – unter anderem gegen die so genannte Sittenpolizei – auf den Weg gebracht. Das ist auch richtig so, denn die Missachtung von Frauen- und Menschenrechten darf nicht folgenlos bleiben.
Im Anschluss an die Fraktionssitzung nahm ich am Abend an einer Veranstaltung zum sogenannten „One Health Joint Plan of Action“ im Berliner Naturkundemuseum teil. Der „One Health Joint Plan of Action“ (Kurz: OH JPA) zielt darauf ab, zukünftige Pandemien zu verhindern und die Gesundheit von Mensch, Tier und Ökosystem nachhaltig durch den OneHealth-Ansatz zu fördern. Um die komplexen multidimensionalen Gesundheitsrisiken auf globaler, regionaler und nationaler Ebene anzugehen, umfasst der One Health Plan mehrere Aktionspfade. Nach der Vorstellung des OH JPA diskutierten Experten aus Politik und Wissenschaft über mögliche Maßnahmen und deren Umsetzungsmöglichkeiten.
Um über die aktuell schwierige Situation der Energieversorgung mit drohenden Lieferengpässen und hohen Arbeitspreisen zu sprechen, lud der Landkreistag von Sachsen-Anhalt am Donnerstag alle Landräte und Bundestagsabgeordnete aus Sachsen-Anhalt in die Landesvertretung ein. In den letzten Wochen haben wir auf Bundeseben viele Gesetze und Maßnahmen verabschiedet, die sich auch auf die Kommunen auswirken. Denn die Landkreise tragen eine besondere Verantwortung für die Sicherstellung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Darum ist ein Gespräch zwischen Bundestagsabgeordneten und Vertretern der Kommunen besonders wichtig. Wir können die verschiedenen Krisen nur gemeinsam, durch die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen lösen.
Am Freitagvormittag hat der Bundestag über den 200-Milliarden-Abwehrschirm verabschiedet. Für die notwendige Ermächtigung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds für das Jahr 2022 Kredite in Höhe von 200 Milliarden Euro aufzunehmen, war eine Kanzlermehrheit notwendig. Das heißt, die Mehrheit aller Bundestagsmitglieder – und nicht wie bei anderer Abstimmung nur der anwesenden Abgeordneten. Mit dem Abwehrschirm schaffen wir die Voraussetzungen, neben einer Strompreisbremse zügig auch eine wirksame Preisbremse für Gas und Fernwärme einzuführen. Gleichzeitig müssen wir aber auch für Anreize zum Energiesparen sorgen. Die von der Bundesregierung eingerichtete Experten-Kommission Gas und Wärme hat dazu Empfehlungen vorgelegt, die nun von der Bundesregierung rasch geprüft und dann in die parlamentarischen Beratungen gebracht werden. Nächste Woche wird auf der jährlichen Tagung der „Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis“ wieder über einen Antrag der EU und anderer Staaten diskutiert, ein Schutzgebiet im Weddellmeer einzurichten. Den Antrag gibt es schon seit 2016, bisher konnte sich die internationale Staatengemeinschaft aber nicht einigen. Mit einer Debatte und einem Antrag im Bundestag haben wir als Koalition am Freitag deutlich gemacht, dass die Einrichtung des Schutzgebietes dringend ist und jetzt endlich erfolgen soll!
Als ich mitbekam, dass wir diese Woche einen Antrag für ein Meeresschutzgebiet im Weddellmeer debattieren, musste ich sofort an meinen Großcousin denken, der beim AlfredWegener-Institut genau zum Weddellmeer forscht. Das, was er mir von seinen Reisen mit der Polarstern erzählt hat, fand ich schon immer extrem faszinierend. Als eines der letzten nahezu unberührten Ökosysteme der Erde mit mehr als 14.000 Tierarten gilt das Weddellmeer in der Antarktis als Schatzkammer der Artenvielfalt. Gleichzeitig ist das Weddellmeer auch wichtig für unser Klima: Unsere Meeresökosysteme speichern ein Drittel der menschengemachten CO2-Emissionen, sind Sauerstoffproduzenten und Klimaregulierer. Durch den Klimawandel und das damit einhergehende Abschmelzen der Eisschicht wird diese Region voller Packeis auf einmal Ziel von Fischfangflotten und anderen Begehrlichkeiten.
Zwar hat sich die internationale Staatengemeinschaft darauf geeinigt, 30% des Ozeans bis 2030 unter Schutz zu stellen. Aktuell sind aber nur ca. sieben Prozent der Weltmeere geschützt. Ich hoffe deshalb sehr, dass sich bei der Sitzung der „Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis“ nächste Woche endlich Bewegung in den Verhandlungen abzeichnet und wir sechs Jahre nach Antragstellung auch endlich das Schutzgebiet einrichten können!
Hier geht es zu meiner Rede in voller Länge.
Ich wünsche allen ein erholsames und ruhiges Wochenende!
Dr. Franziska Kersten, MdB