Wochenrückblick aus Berlin – KW43

Liebe Leserinnen und Leser,

gemeinsam mit meinen Bundestagskollegen Karamba Diaby, Timon Gremmels und Jakob Blankenburg war ich Teil der Climate-Tech-Delegation der gemeinnützigen und unabhängigen Organisation ELNET. Die Delegation, bestehend aus Abgeordneten des Deutschen Bundestages sowie der französischen Assemblée Nationale, hat von Sonntag bis Mittwoch in Israel mit verschiedenen Experten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft über die Herausforderungen der Klima- und Energiepolitik gesprochen. Denn alle drei Länder haben sich 2015 im Rahmen der UN-Klimakonferenz in Paris verpflichtet, die Erderwärmung auf unter 2 Grad zu beschränken und stehen vor der schwierigen Aufgabe, ihre Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 auf null zu senken. Ziel der Reise war es daher, die Potenziale, Fortschritte und Hemmnisse der Länder auf dem Weg zum Klimaschutzziel zu beleuchten.

Nachdem wir in der Nacht zu Sonntag im Hotel angekommen sind, starteten wir am Morgen direkt mit einer Tour durch Jerusalem. Ich selbst war noch nie in Israel, umso beeindruckender war es für mich, mit einer Führung durch diese historisch eindrucksvolle Stadt zu beginnen. Jerusalem vereint viele Kulturen. Es ist die Heilige Stadt, in der die drei Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam – sich treffen. Das zeigt sich nicht zuletzt an der Architektur der Stadt. Sie ist ein Mix aus einfachen Tonziegeldächern und imposanten Kirchen, Synagogen und Moscheen. Bei unserem Spaziergang durch die teils engen Gassen der Altstadt begegneten uns an jeder Ecke imposante Gebäude mit einer faszinierenden Geschichte. Bereits in der Kupferzeit vor etwa 7.000 Jahren ließen sich Menschen im heutigen Jerusalem nieder. Seitdem ist die Stadt so oft erobert, zerstört und entvölkert worden wie kaum eine andere. Die vielseitige und komplexe Geschichte der Stadt und dessen Bedeutung für die Religionen wirken bis in die Gegenwart.

Im Anschluss an die Stadtführung sprachen wir bei einem gemeinsamen Mittagessen mit dem französisch-israelischen Politikwissenschaftler Dr. Emmanuel Navon. Er unterrichtet an der Tel Aviv Universität und der Reichmann Universität Internationale Beziehungen. Er gab uns einen Überblick über die politische Landschaft Israels.

Am Nachmittag trafen wir Botschafterin Talya Lador-Fresher im israelischen Außenministerium, um mit ihr unter andrem über Klimafragen zu sprechen. Vor der Weltklimakonferenz in Glasgow letzten Jahres hat Israel den Klimaschutz zur Angelegenheit der nationalen Sicherheit betrifft. Denn in der ohnehin schon fragilen Region hat der Klimawandel das Potenzial, wie ein Brandbeschleuniger für Konflikte zu wirken. Dürren, Fluten und der Kampf um Wasser und andere Rohstoffe, können zu großen Fluchtbewegungen führen und die Region weiter destabilisieren.

Am Montagmorgen besuchten wir die internationale Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem. Die Gedenkstätte beherbergt verschiedene Denkmäler, eine Halle der Erinnerung und ein Museum zur Geschichte des Holocausts. Die moderne Architektur und der Aufbau der Gedenkstätte schaffen eine bedrückende Atmosphäre, die einen zurück in das dunkelste Kapitel des letzten Jahrhunderts versetzt. Trotz der vielen Besucher an dem Morgen herrschte eine beklemmende Stille. Es macht einfach fassungslos zu sehen, wozu Menschen in der Lage sind und wie viel Leid mit der Geschichte der Judenverfolgung verbunden ist. Im Gedenken an die Opfer der Shoah haben wir einen Kranz niedergelegt. Es war ein Besuch, der mir sehr ans Herz ging und eine tiefe Betroffenheit hinterlassen hat.

Am Nachmittag trafen wir die Umweltministerin Tamar Zandberg. Sie erzählte uns, dass die israelische Regierung in der Klimakrise auch eine Chance sieht. Denn Israel besitzt zum einen enorm gute Voraussetzungen für den Ausbau erneuerbarer Energien. Zum anderen ist das Land globaler Innovationsführer. Die sogenannte Startup-Nation richtet seinen Fokus zunehmend auf Klimatechnologien, die Treibhausgasemissionen reduzieren beziehungsweise die globale Erwärmung abschwächen könnten. Die Klimakrise biete insbesondere den Ländern des Nahen Ostens die Chance auf eine bessere Zusammenarbeit. Denn Israel wie auch seine Nachbarländer sind mit denselben klimatischen Bedingungen konfrontiert. Das gemeinsame Interesse daran, den Klimawandel zu stoppen, könnte somit zu einer möglichen Konfliktlösung in der Region beitragen.

Im Anschluss an das Gespräch fuhren wir nach Tel Aviv, wo wir uns am Abend mit verschiedenen Umweltorganisationen trafen. Eine davon war die Organisation EcoPeace Middle East. Im Gespräch mit Sharon Bengio von der EcoPeace Middle East wurde deutlich, was die Umweltministerin am Vormittag meinte. Denn die Organisation setzt auf transnationale Kooperation. Klima- und Umweltschutz machen an nationalen Grenzen keinen Halt. Die Probleme können und müssen daher gemeinsam angegangen werden. Darum bringt die Organisation jordanische, palästinensische und israelische Umweltschützer zusammen, um sich gemeinsam mit den Umweltherausforderungen zu befassen und mithilfe von Klimaund Umweltschutz für Frieden in der Region zu sorgen. Mehr als 40 % der Landesfläche Israels sind Wüsten und Trockengebiete. Um eine nachhaltige landwirtschaftliche Bewirtschaftung und Nutzung der Negev Wüste zu erforschen, wurde vor 50 Jahren Agro-Research Center in der Negev Wüste gegründet. Dort fuhren wir am Dienstag hin und besuchten das Research Center. Das Forschungszentrum konzentriert sich auf angewandte Forschung und arbeitet eng mit Landwirten, Forschungsausbildern und den akademischen Institutionen in Israel zusammen. Hier inmitten einer Wüste, werden tatsächlich Weintrauben angebaut und daraus Weine produziert.

Bevor wir am Mittwochnachmittag zurück nach Deutschland flogen, besuchten wir am Vormittag noch das Volcani Institut. Es ist eines der führenden landwirtschaftlichen Forschungszentren weltweit. Hier konnten wir uns selbst ein Bild von der exzellenten Forschung des Landes machen. Wasser als einer der wichtigsten Grundstoffe des Lebens und Ressource für die Landwirtschaft ist in Israel ein seltenes Gut. Mithilfe innovativer Lösungen wie der Tröpfchen-Bewässerung auf den Äckern und leistungsstarken Technologien der Wasseraufbereitung hat Israel es geschafft, Landwirtschaft selbst in Wüstenregionen möglich zu machen.

Zurück im Wahlkreis habe ich am Donnerstag zwei Feuerverzinkereien in Genthin und Schopsdorf besucht. Zum Schutz vor Korrosion wird dort Stahl oder Eisen in einen Kessel mit 450 °C heißem, flüssigen Zink getaucht. Diese Kessel müssen konstant erhitzt werden, denn ansonsten kann sich das flüssige Zink verfestigen und die Kessel werden unbrauchbar. Wie in vielen anderen Branchen machen sich deshalb auch Feuerverzinkereien Sorgen, in der aktuellen Energiekrise, bei einer möglichen Mangellage mit Gas versorgt zu werden. Ein Großteil der Verzinkereien in Deutschland läuft mit Erdgas. Es ist wichtig, in dieser Situation mit den Unternehmen vor Ort ins Gespräch zu kommen und über mögliche Lösungen zu sprechen. Ich konnte einige wichtige Erkenntnisse aus den Besuchen erlangen und mit nach Berlin nehmen!

Am Abend nahm ich dann an der SPD-Ortsvereinssitzung in Wolmirstedt teil. Bei leckerem afrikanischem Essen habe ich gemeinsam mit den Genossinnen und Genossen über die aktuelle Bundespolitik gesprochen.

Ich wünsche allen ein schönes und sonniges Wochenende

Dr. Franziska Kersten, MdB