Liebe Leserinnen und Leser,
gemeinsam mit meinen Kollegen Anna Kassautzki und Johannes Schätzl aus dem Agrarausschuss habe ich am Montag das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) in Potsdam Bornim besucht. Hier wird in erster Linie anwendungsorientierte Grundlagenforschung in allen Bereichen der Agrartechnik betrieben. Das Institut ist seit über 20 Jahren ein Vorreiter der Bioökonomieforschung. Die Institutsdirektorin Prof. Dr. Barbara Sturm hat uns gemeinsam mit den Fachwissenschaftlern vor Ort über die beeindruckend breite Forschungspalette informiert. Von der Digitalisierung und Robotikanwendungen in der Landwirtschaft über One Health und emissionsarme tiergerechte Ställe bis hin zu Pflanzenfasern aus Paludikultur, die Plastik in der Automobilindustrie ersetzen, reicht die Themenvielfalt.
Zurück im Bundestag hat sich der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen einer öffentlichen Anhörung mit der Vergütung der Waldbewirtschaftung beschäftigt. Die klimatischen Veränderungen, insbesondere Dürre, Hitze und den damit einhergehenden Insektenbefall machen auch unseren Wäldern zu schaffen. Dabei sind sie nicht nur vom Klimawandel bedroht, sondern auch selbst Klimaschützer. Um unsere Wälder vor dem Klimawandel zu schützen und sie als Klimaschützer zu stärken, brauchen wir klimaresistente Waldökosysteme. Darüber waren sich alle Sachverständigen einig. Ebenso bestand Einigkeit darüber, dass Waldbesitzer für Leistungen für den Klimaschutz und Biodiversität angemessen honoriert werden sollen. Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Denn in welcher Höhe und wie eine Finanzierung genau aussehen soll, ist bislang unklar. Ein erster wichtiger Anstoß in diesem Zusammenhang ist das neue Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Landwirtschaftsministeriums, das ab dem 12. November anläuft. Für die nächsten fünf Jahre stehen 900 Millionen Euro für den Erhalt und den klimaangepassten Umbau unserer Wälder bereit. Bis Jahresende 2022 stehen 200 Millionen Euro zur Verfügung. Damit unterstützen wir private und kommunale Waldbesitzende einschließlich Forstbetriebsgemeinschaften beim notwendigen Waldumbau zu klimaresilienten und artenreichen Mischwäldern. Die Anträge können ganz einfach online bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) auf www.klimaanpassung-wald.de gestellt werden.
Aufgrund des tragischen Verlustes unseres geschätzten Kollegen Rainer Keller im September dieses Jahres kam es innerhalb der AG Umwelt zu einer Umstrukturierung der Berichterstattungen. In der Sitzung am Dienstag haben wir beschlossen, dass ich mich künftig im Umweltausschuss neben der Chemikalienpolitik und dem Bereich der Ernährung und Landwirtschaft auch um den großen Themenkomplex natürlicher Klimaschutz kümmern werde. Dabei geht es um die Verbindung von Natur- und Klimaschutz. Denn intakte Naturräume wie zum Beispiel Wälder, Auen, Böden, Moore und Gewässer sind wichtige CO2Speicher. Schützen wir also unsere Natur, schützen wir auch unser Klima. Das ist ein Thema, das mir persönlich sehr am Herzen liegt. Im Koalitionsvertrag haben wir bereits festgeschrieben, dass wir den natürlichen Klimaschutz deutlich stärken wollen. Das wird uns allerdings nur gelingen, wenn wir die Synergien zwischen Natur- und Klimaschutz intensiver nutzen. Darum freue ich mich sehr, dass das Kabinett mit dem Beschluss der Moorschutzstrategie in dieser Woche einen ersten wichtigen Schritt für den Schutz der moortypischen Artenvielfalt vorgelegt hat.
Im Anschluss an die Ausschusssitzungen habe ich im Plenum am Mittwochnachmittag die Debatte des Regierungsentwurfs zur Änderung des Atomgesetzes verfolgt. Mit der Änderung werden wir die Kernkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 befristet bis zum 15. April 2023 im Betrieb lassen. Meine Kollegen Jakob Blankenburg und Helmut Kleebank haben in ihren Debattenbeiträgen deutlich gemacht, dass diese Verlängerung vor dem Hintergrund der Energiekrise richtig ist. Uns als SPD war dabei besonders wichtig, dass die drei AKWs für die kommenden drei Monate im Streckbetrieb betrieben werden. Das bedeutet, dass keine neuen Brennstäbe erworben, sondern lediglich die bereits in den Atomkraftwerken vorhandenen Brennelemente genutzt werden, bis sie abgebrannt sind. Somit entstehen auch keine zusätzlichen hoch radioaktiven Abfälle. Alle drei Kernkraftwerke können bis Mitte April 2023 zusätzlich rund fünf Terawattstunden (TWh) elektrische Energie liefern und zugleich eine geringe Einsparung bei der Stromerzeugung in Gaskraftwerken bewirken. Das hilft uns für diesen Winter eine stabile Energieversorgung in Deutschland zu gewährleisten.
Die verschiedenen Vorschläge zur Ausgestaltung der von uns eingebrachten Gas- und Strompreisbremse liegen auf dem Tisch. Doch die Energiepreise betreffen uns alle als Verbraucherinnen und Verbraucher. Darum hat sich die Begleitgruppe Klimaschutz und Transformation am Mittwochabend detailliert mit den Vorschlägen der Verbraucherzentrale Bundesverband auseinandergesetzt. Uns ist es wichtig, dass wir die Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Umsetzung der Preisbremse einbinden. Dazu sind meine Kollegen und Kolleginnen wie auch ich in den letzten Wochen im intensiven Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern sowie der Industrie. Im Rahmen eines Hintergrundtalks bei dem BDWi habe ich mich am Donnerstagmorgen mit dem Geschäftsführer vom Bund deutscher Baumschulen (BdB), Markus Guhl, über die Landwirtschaftspolitik gesprochen. Dabei ging es unter anderem um die Gemeinsame Agrarpolitik, den Pflanzenschutz, die Biodiversität und die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen zur Energieproduktion. In meinen Redebeiträgen habe ich deutlich gemacht, dass wir einen nachhaltigen Agrar- und Ernährungssektor nur dann erreichen können, wenn wir Ökonomie und Ökologie zusammendenken. Damit meine ich, dass es ökonomisch sinnvoll sein muss, sich ökologisch zu verhalten. Wenn wir das schaffen, dann wird uns die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit und Tierwohl auch gelingen.
Zurück im Bundestag verfolgte ich die abschließende Debatte zum Bürgergeld-Gesetz, das wir anschließend mit 385 Ja-Stimmen beschlossen haben. Damit haben wir die größte Sozialstaatsreform seit vielen Jahren beschlossen. Jahrelang haben wir uns dafür eingesetzt, unseren Sozialstaat auf die Höhe der Zeit zu bringen. Weniger Bürokratie, deutlich höhere Regelsätze, bessere Arbeitsvermittlung, einen stärkeren Fokus auf Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung sowie einen neuen Umgang mit Respekt waren dabei unser Leitbild. Doch die Union hat sich vehement gegen eine Reform unseres Sozialsystems gesträubt. Jetzt gilt es, dass sie ihre Blockade im Bundesrat aufgeben, damit das Bürgergeld zum 01. Januar 2023 auch starten kann.
Bis Donnerstagnacht tagte der Haushaltsausschuss in seiner finalen Bereinigungssitzung. Für die Bereiche Agrar und Umwelt heißt das: Wir führen ab nächstem Jahr landwirtschaftliche Daten endlich in einer Tiergesundheitsdatenbank zusammen, wir stärken die Digitalisierung und Präzisionsanwendungen, v.a. von Pflanzenschutzmitteln, und wir fördern regionale nachhaltige Ernährung, bei der die Wertschöpfung vor Ort stattfindet! Das machen wir mit einem Modellregionenwettbewerb – den ich auch in den Wahlkreis holen will! Im Umwelthaushalt konnten wir bei den Mitteln für die Klimaanpassungsmaßnahmen von Kommunen einen Förderaufwuchs von 15 Millionen erreichen – insgesamt stehen nächstes Jahr dann 60 Millionen Euro zur Verfügung! Außerdem wird es im Bundesnaturschutzfonds einen großen Fokus auf der Wiederbelebung der Oder geben. Das sind gute Zeichen für die Zukunft und gute Rahmenbedingungen, um auch endlich konkrete Projekte umzusetzen!
Nach nur wenigen Stunden Schlaf ging es am Freitagmorgen zurück ins Büro, wo ich mich mit Matthias Held und Björn Schmid von UPM Biochemicals über die Chancen innovativer Biochemikalien unterhalten habe. Das Unternehmen produziert erneuerbare Biochemikalien auf Holzbasis. Die beiden Herren erklärten mir, dass in den Zellwänden aller Pflanzen und insbesondere in Bäumen die Substanz Lignin vorkommt. Sie ist ein natürlicher Ersatz für fossile Rohstoffe und kann in verschiedenen Bereichen genutzt werden. Derzeit baut das Unternehmen in Leuna den bislang größten Standort einer Bioraffinerie in industriellem Maßstab. Ab 2024 sollen hier Lignin-Lösungen hergestellt werden, die als nachhaltiger, wettbewerbsfähiger Ersatz für fossile Rohstoffe dienen sollen. Den Rest des Tages verbrachte ich größtenteils im Plenum und im Büro.